Fort­wäh­rende US-Polizeigewalt

N.E.R.D – Don’t Don’t Do It (feat. Kendrick Lamar)

Nach sieben Jahren Schaffenspause sind N.E.R.D zurück und namhafte Gastkünstler begleiten sie auf ihrem selbstbetitelten Album. Ein erschreckender Fall von Polizeigewalt war Vorlage für unseren Titel der Woche.

N.E.R.D (No-one Ever Really Dies)

Künstler. Bereits seit Schulzeiten machen Pharrell Williams und Chad Hugo musikalisch gemeinsame Sache. Als The Neptunes – ihre Heimatstadt Virginia Beach, VA trägt den Spitznamen Neptune City – produzierten die beiden in den Jahren um die Jahrtausendwende erfolgreich Titel für verschiedene Künstler. 1999 gründeten sie zusammen mit Sänger Shay Haley N.E.R.D als Nebenprojekt.

Diskografie. 2001 erschien das Debütalbum und drei Jahre später der Nachfolger, bevor N.E.R.D 2005 das Projekt für tot erklärten. Ihr Akronym steht für No-one Ever Really Dies – und weil niemand so wirklich stirbt, setzen sie seither ihre Diskografie fort und bäumten sich 2017 zum bislang konzentriertesten und rundesten Studioalbum auf. Hier gestaltet sich auch die Feature-Palette interessant: von Rihanna über Ed Sheeran, von Future über Gucci Mane, von Wale über Kendrick Lamar bis hin zu André 3000 (OutKast) und M.I.A. Und auch wenn jeder Einzelne so stimmig und unbedarft in die vorherrschende Soundkulisse eingewoben wird, keine Stimme verliert ihre individuelle Qualität.

Titel. „Don’t Don’t Do It!“ erzählt einen Fall von Polizeigewalt in Charlotte, NC nach: Im September 2016 wurde der 43-jährige Afroamerikaner Keith Lamont Scott von einem Polizisten erschossen. Scott wartete in seinem Auto vor seinem Apartmentkomplex, um die Kinder vom Schulbus abzuholen. Ein Polizist war auch vor Ort, um eine andere, per Haftbefehl gesuchte Person ausfindig zu machen.

Nach Polizeiangaben stieg Scott aus dem Wagen, trug angeblich eine Waffe in der Hand und kam den Forderungen der Polizei nicht nach, diese fallen zu lassen. Seine Frau kam dazu und filmte den Vorfall mit ihrem Smartphone. Kurz bevor er erschossen wurde, rief seine Frau: „Don’t Do It“, er habe ein TBI (traumatic brain injury, dt. Schädel-Hirn-Trauma) *) und werde euch nichts tun, da er gerade seine Medizin genommen hat. Friedliche und gewalttätige Proteste folgten nach der Erschießung Scotts, wodurch Polizeiaufnahmen veröffentlicht und Ermittlungen aufgenommen wurden. Der Polizeibeamte wurde in den Innendienst versetzt und ein Gericht sprach ihn drei Monate später frei.

Kendrick Lamar und Frank Ocean, welcher ungenannt bleibt, sind musikalische Gäste bei unserem Titel der Woche. Erstgenannter zählt einige der Ungerechtigkeiten gegen junge schwarze Männer auf und erklärt, wie Diskriminierung in jeder Generation übertragen wurde. Der Titel beginnt zwischen leuchtenden Keyboards und weichen, groovigen Drums, beschleunigt sich dann schnell – zuerst in eine heitere, gitarrenreiche Erzählung von Ereignissen, dann in etwas Bedrohlicheres. Pharrells Refrain lässt die letzten Versuche von Scotts Frau wieder aufleben, ihren Ehemann zu retten. Weiter erwähnt er im Text auch Philando Castile, der fatalerweise auch von der Polizei bei einem Autostopp erschossen wurde, sowie weitere US-Städte mit vergleichbaren Vorfällen wie Ferguson, Baltimore und Raleigh. Er schließt dann aber resignierend mit They gonna do it anyway.

Titel: Don’t Don’t Do It
Interpreten: N.E.R.D feat. Kendrick Lamar
Album: NO_ONE EVER REALLY DIES (15. Dezember 2017)

https://www.youtube.com/watch?v=Bb-zrMFldHc

 

Die weiteren Titel unserer Heavy Rotation in KW 2/18

Hier gibt es den Sidekick Beitrag für euch zum Nachhören:


*) Ein „TBI“ ist ein im US-Gesetzesvollzug und Rettungsdienst bekannter Begriff. Menschen mit Hirnverletzungen haben Probleme mit kognitiven Fähigkeiten und denken, sprechen und verarbeiten Informationen typischerweise langsamer als andere Menschen. Eine Person mit einer traumatischen Hirnverletzung verwechselt leicht plötzliche Veränderungen in der Umgebung und ist möglicherweise nicht in der Lage, Polizeibefehle sofort zu verstehen und einzuhalten.

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