Yacobs Interview

Ihr dachtet Progressive Rock aus MV gibt es nicht? Falsch! Der Mutabor-Drummer Ulf Jacobs hat mittlerweile schon 5 Retro-Prog-Alben veröffentlicht. Wir haben mit ihm übers Musikmachen, 70er Jahre Keyboards und das neue Album seiner Prog-Band Argos gesprochen.

In unserem Bundesland Mecklenburg –Vorpommern gibt es haufenweise Bands aus allen Stilrichtungen. Ein Genre, das hierzulande allerdings ziemlich dünn besiedelt ist, ist der Progressive Rock. Einen Künstler, der alle paar Jahre ein Album in diese Richtung veröffentlicht, gibt es aber doch bei uns. Sein Künstlername ist Yacobs abgeleitet von seinem echten Namen Ulf Jacobs. Er kommt aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Rostock, bekommt aber weltweit Resonanz für seine mittlerweile schon 5 Solo-Alben, obwohl seine Musik bei uns gar nicht so bekannt ist. Das mag wohl daran liegen, dass er seine Musik noch nie live gespielt hat. Wem der Name vielleicht bekannt vorkommt, kennt ihn vielleicht als Schlagzeuger der Berliner Band Mutabor oder von einer seiner anderen zahlreichen Bands: Bad Penny, Lousy Lovers, Martingo oder auch die ebenfalls progressive Band Argos. Bei seiner Solo-Arbeit, trommelt er allerdings nicht nur, sondern singt, spielt Tasten und produziert alles selbst. Seit seinem 2011 erschienenen Album Time Machine, das er erstmalig beim bekannten Progressive Label Musea Records in Frankreich rausbrachte, sind seine CDs weltweit erhältlich. Das Aktuelle Album heißt Clouds und ist 2012 herausgekommen. Ein weiteres ist gerade in der Mache und für Anfang 2016 angesetzt.

Ich habe ihn zu Lohro eingeladen, um mit ihm übers Musikmachen, 70er Jahre Keyboards und sein neues Album zu reden.

 

Hallo Ulf, wie hast du eigentlich mit dem Musikmachen angefangen?

Indem ich Klavierspielen gelernt habe. Da war ich 5. Klasse und habe 4 Jahre lang Unterricht gehabt bei einer ganz tollen Lehrerin. Die war damals auch schon ein bisschen älter; wahrscheinlich wird sie nicht mehr leben. Jedenfalls sagte sie irgendwann zu mir: „Du bist mein musikalischster Schüler, aber nicht mein bester, weil so fleißig bist du dann doch wieder nicht. Aber ich weiß ganz genau, dass du rhythmisch begabt bist. Warum setzt du dich nicht einfach mal an ein Schlagzeug. Das wird ganz bestimmt klappen. Du wirst dich ran setzen und es können. Das weiß ich ganz genau“ Und das hab ich dann einfach gemacht. Noch am gleichen Abend bin ich zu einem Freund, der eins hatte und habe mit dem zusammen Imagine von John Lennon gespielt und das hat gleich funktionert.

Und was sind deine musikalschen Wurzeln?

Ich hatte damals so einen „Flash-Moment“. Meine Schwester hatte eine Genesis Live-Platte, „Seconds Out“ von 1977. Das war zu DDR-Zeiten Goldstaub. Eine amerikanische Pressung, allerdings mit einem Brandloch mittendrin. Deswegen war sie dann doch wertlos. Die hat sie mir jedenfalls geschenkt als ich 8. Klasse war und die hab ich dann trotz Brandloch rauf und runter gehört. Da war‘s um mich geschehen. Ich dachte nur: Wow, sowas hab ich noch nie vorher gehört. Und seitdem bin ich Genesis-Fan.

Und was genau fasziniert dich an diesem alten Prog-Rock aus den 70ern?

Die Musikalität, der Sound, das Charisma von den Leuten und diese unglaubliche Schönheit der Kompositionen. Ich finde auch gerade Genesis haben einfach sehr viele harmonisch und melodisch schöne Momente, die dich einfach nur fesseln. Sicherlich braucht man auch eine Weile, weil das ja auch sehr komplexe und künstlerisch hochwertige Musik ist, aber wenn es einen dann erstmal hat, dann denkt man einfach nur noch: Wow! Was für eine tolle Melodie!

Magst du auch modernere Spielarten des Progressive Rock?

Bei dem modernen Progressive Zeug ist mir meistens zu viel Metal drin. Sowas wie Dream Theater zum Beispiel kann ich nicht wirklich ertragen, weil es mir zu hart ist. Ich steh nicht so auf diese bösen Gitarrensounds. Sowas wie Spock’s Beard ist ganz okay, aber auch teilweise zu heavy. Doch zum Beispiel Steven Wilson’s „The Raven That Refused To Sing“ klingt sehr retro und ist ein unglaubliches Album. Das ist dann eher meine Welle.

Dein Konzeptalbum „Time Machine“ von 2011 ist inspiriert vom Sci-Fi-Klassiker „Die Zeitmaschine“ von H. G. Wells. Was hat dich daran so inspiriert, dass du ein ganzes Album drüber geschrieben hast?

Ich hab den Film gesehen von 2002. Da hat mich vor allem fasziniert, wie die Hauptfigur versucht seine Freundin, die gestorben ist, zu retten, indem er in der Zeit zurück reist und dann ganz genau weiß, dass sie gleich sterben wird. Er schafft es einfach nicht, weil es irgendwie vorbestimmt ist. Und dieser Kampf, wie er zurück reist und es trotzdem versucht und dann später in die Zukunft… Dieses Zeit-Ding ist einfach spannend.

Du machst in deiner Musik ja viel mit Retro-Keyboard-Sounds. Welche benutzt du und was fasziniert dich an diesen Klängen?

Am liebsten mag ich das Mellotron. Also diese Chöre und Strings, die man überall im Prog-Rock hört. Das klingt unglaublich retro, weil das eben auch meine Vorbilder benutzt haben und sind sehr warm. Es kommt halt einfach aus dieser Zeit, die ich musikalisch sehr mag und dann war es für mich ganz klar, dass ich diese Sound auch verwenden werde.

Dadurch, dass ich ja Schlgazeuger bin, mag ich auch Drum-Machine-Sounds. Ich melke geradezu diese Roland CR-78 von 1978. Ziemlich bekannt aus dem Pop-Bereich und zum Beispiel ein Herr Phil Collins hat die auch oft benutzt (z.B. „In The Air Tonight“; Anm. d. Redakteurs). Ein weiteres Ding ist dann der Prophet, der glaube ich von 1980 bis 83 verwendet wurde. Davon verwende ich auch viel.

Vor kurzem hast du im Internet einen neuen Song „Naked“ veröffentlicht und auf deiner Website steht, dass für Anfang 2016 ein neues Album geplant ist. In welche Richtung geht die neue Platte.

Das kann ich noch gar nicht genau sagen. Ich hab bis jetzt ein paar Vorproduktionen fertig. Das heißt das Grundgerüst der Kompositionen steht, allerdings habe ich noch keine Drums und Gitarren aufgenommen. Die Gitarren werde ich wieder vom Rumänischen Gitarristen Àkos Bogati Bokor spielen lassen. Demnächst werde ich auf jeden Fall schon mal Gesang aufnehmen. Bei den Drums habe ich die Idee, sie in der Demminer St. Bartholomaei Kirche bei meinem guten Freund Axel Schulz zu recorden. Mit so etwas haben Led Zeppelin ja zum Beispiel auch mal experimentiert. Für 2-3 Songs will ich das unbedingt mal probieren. Genremässig geht das ganz klar wieder in Richtung Progressive-Rock. Da werde ich mich gar nicht so verändern. Gesanglich wird es ein bisschen melancholischer, weil die Songs auch so gestrickt sind. Naked ist ja auch eher melancholisch. Nicht unbedingt traurig, aber so feierlich melancholisch und auch wieder mit viel Klavier.

Das neue Argos-Album „A Seasonal Affair“ ist am 13. März rausgekommen. Ist diesmal endlich auch Gesang von dir dabei?

Ich hab wieder mehr Background gesungen. Die Band hat sich zwar auch gewünscht, dass ich ein paar ganze Lieder singe, aber dazu kam es dann doch nicht, weil die Produktion schon so weit war. Allerdings habe ich mir ein paar Frage-Antwort-Momente ergattert. Bei einem Song singt da Thomas, der Bassist ganz normal die Strophe und dann kommt meine Stimme plötzlich rein, wie eine Antwort auf seinen Gesang und übernimmt die Lead-Vocals. Das entpuppte sich als ganz charmanten Moment, weil es so unerwartet und überraschend kommt. Aber ich singe leider keinen ganzen Song. Die Jungs wünschen sich das aber, wie gesagt und beim nächsten soll ich dann auch mindestens einen ganzen Songs übernehmen.

Gefällt dir das Album?

Ja, sehr gut. Es ist nicht ganz so vertrackt, wie das letzte „Cruel Symmetry“, allerdings ist der Sound noch ein bisschen besser gemixt worden. Meine Drums sind gut abgelichtet worden bei Enrico Florczak aber auch vom Spielen her finde ich, dass es mein bestes Album von den Drums her ist. Der hat da wirklich sehr gute Arbeit geleistet. Es sind viele starke Prog-Momente dabei, teilweise sogar ein wenig Richtung Steven Wilson. Da gibt es ein paar Gitarrensoli von Rico, hinter denen dann schöne Melltotron-Sounds gespielt werden. Das sind solche epische Momente, die Argos sonst noch nicht so hatte. Ich hoffe und glaube auch, dass es ziemlich gute Kritiken bekommen wird.

Spielt ihr mit Argos auch nochmal live irgendwann?

Ja am 8./9. Mai auf dem international besetzten Prog-Rock Festival „Prog The Castle“ in Heidelberg. Da spielen wir in nem Schloss. Das Ganze geht 2 Tage lang mit 10 Bands. Da freue ich mich schon riesig drauf!

Mehr Infos zu Yacobs findet ihr auf seiner Website: http://www.yacobs.com/

oder auf Facebook: https://www.facebook.com/pages/yacobs/162822637104102?fref=photo

 

von Benjamin Schulz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.